Gerhard F. M. Gerstenhöfer

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Leben
Ich erinnere mich an eine Vorlesung von Professor Eckhard Frick, in der er geschickt zum Wesen dessen führte, was sonst so schwer zu beschreiben ist. Mit einer Bildserien wachsender Auflösung navigiert er vom Unsichtbaren der Mikrowelt, zum Sichtbaren, hin in die sich für unser Auge wieder verklärenden Makrowelt des Universums. Unter prickelnder Spannung im Auditorium entwickelt er die Evolution von der toten Materie zum menschlichen Leben, vom Wasserstoffatom über Einzeller, über pflanzlichem Leben, zum niederen und schließlich zum höher entwickelten tierischen Leben, um zuletzt beim menschlichen Leben anzukommen.
Menschliches Leben! Leben das nicht nur entsteht, existiert und vergeht, sondern das sich in der Phase seiner Existenz wahrnehmen kann. Das sich nicht nur selber wahrnimmt, sondern auch seine Umwelt. Leben, das personales Bewusstsein entwickelt, Erkenntnisfähigkeit für Gegenständliches und Abstraktes und die Fähigkeit sich darüber mittels Sprache dediziert mitzuteilen, sich über Transzendentes dialektisch auszutauschen.
Der Mensch existent auf der Erde - einmalig in der Welt, einmalig in der Weite des Universums? Schöpfung oder zufällige Evolution? Professor Lesch, so befragt, kennt die Antwort natürlich auch nicht, weiß aber das Phänomenale dieser Frage aufzuzeigen: Menschliches Leben hängt ab von sehr engen Grenzen zahlreicher physikalischer Parameter unseres Planeten. Dass diese Bedingungen zwei- oder mehrfach im Universum auftreten, ist so unwahrscheinlich, dass man einen Sechser im Lotto dagegen als Gewissheit betrachten dürfe. Doch ist die Weite des Universums, wenn auch nicht unendlich, so groß, dass es das Unwahrscheinliche wahrscheinlich werden lässt.
Existenz? Seiendes? Das Sein? Leben? Wunder der Schöpfung? Sechs Tage der Erschaffung und einen der Ruhe? - Urknall? Darwin? Das sind die Themen, die Fragen schlechthin. Soll man sich damit befassen? Schöner Wahnsinn!



Sein und Zeit
Was war eigentlich der Grund, warum die Karriere jenes Mesnerbuben aus Meßkirch bei den Jesuiten in Feldkirch so schnell beendet war? Das schwache Herz, wie es hieß, war es wohl kaum. War Martin Heidegger so unvorsichtig, von seinen Ambitionen zu sprechen? Ihn interessierten nur die großen, die gewaltigen Themen. Er wollte der Größte sein, nur über das Grundsätzlichste, das Essenziellste wollte er nachsinnen, darüber reden und schreiben. So entstand das Buch 'Sein und Zeit', die erste Hälfte jedenfalls. Das Buch ist Frage, ist großes Staunen geblieben. Die zweite Hälfte wurde nie geschrieben, genügend Zeit dafür hätte er gehabt.
Das Phänomen des Seins hatte ihn erfasst und mitgerissen in Schwindel erregenden Höhen des Denkens. Er hat die Dinge gedacht, die er schließlich nicht mehr verständlich zu beschreiben vermochte, so entwickelte er seinen eigenen 'Jargon'.
Ob er ein Großer war? Schwer zu sagen. Er hat gezeigt, dass man großes Denken kann, ohne die moralische Rechtfertigung dafür zu haben. So bleibt es auch nach Heidegger ein Phänomen, das Sein, das Seiende, das Geworfensein, schicksalshaft geschenkt.



Raum, Unendlichkeit
"Zwei Dinge erfüllen das Gemüt mit immer neuer und zunehmender Bewunderung und Ehrfurcht, je öfter und anhaltender sich das Nachdenken damit beschäftigt: der bestirnte Himmel über mir und das moralische Gesetz in mir."
Immanuel Kant (1724 - 1804)
Der bestirnte Himmel über uns ist das eindrucksvolle Szenario für das Phänomen des Raumes, mit ihm verbunden das andere der Zeit. Ich nehme das wahr und denke darüber nach. Ich denke, also bin ich! So kommt es zusammen: Sein und Zeit und Raum. Staune! "Staunen ist der erste Grund zum Philosophieren". Hier beginnt die Philosophie, die Freude am Wissen und am Erkennen.

Glaube, Himmel, ewiges Leben
„Führe ein anständiges Leben, dann kommst du in den Himmel und wirst ewig leben.“ Es ist unschwer zu erkennen, dass in diesem Satz von verschiedenem, von zweierlei Leben die Rede ist. Einem Leben vor und einem anderen nach dem Tod. Also vom Leben und einem Zustand danach, denn der Tod ist das Ende des Lebens. Das Leben haben wir gemeinsam mit allem was lebt. Mit den Primaten und den anderen Tieren, ja und die Pflanzen leben auch, ortsfest. Auch sie entstehen, in der Regel durch befruchteten Samen, wie wir und vergehen – wie wir. Pflanzen und Tiere kommen nicht in den Himmel, nur Menschen. Nein, die Primaten auch nicht. Geistig schwer behinderte Menschen? Menschen mit Religionsverständnis sind mit der Glaubensfrage dotiert. An Gott den Schöpfer, den Himmel, das ewige Leben.
Himmel, ist das ein Ort oder ein Zustand? Irgendwie muss es auch ein Ort sein. Denn so Papst Pius XII am 1. November 1950:
„Wir verkünden, erklären und definieren es als ein von Gott geoffenbartes Dogma, dass die unbefleckte, allzeit jungfräuliche Gottesmutter Maria nach Ablauf ihres irdischen Lebens mit Leib und Seele in die himmlische Herrlichkeit aufgenommen wurde.“
Damit bin ich überfordert. Das schafft mein Glauben nicht! Das Schlimme daran ist, dass diese Säule des kunstvoll errichteten Glaubens im Stürzen so viel zerstört.
Wieviel muss man glauben, damit man ein Gläubiger ist? Das ganze Kontingent der katholischen Kirche, die Bibel, auch den Katechismus und die Dogmen? Glaube, das ist eine Gnade, man kann ihn nicht verordnen, er entsteht nur in der Überzeugung eines Glaubenserlebnisses – einer ganz individuellen Offenbarung. Wenn ich überzeugt bin, dann glaube ich, selbst dann, wenn ich es gar nicht will.
Der Himmel jedenfalls muss ein Ort sein mit mindestens zwei menschlichen Körpern, mit dem von Jesus Christus aus Nazareth und dem seiner Mutter Maria. Und dann gibt es ja auch noch die Hölle das Pendant des Himmels und das Fegefeuer als transzendentalen Ort. Im Fegefeuer kennt man die Zeit. Man ist dort nur für die Dauer der zeitlichen Sündenstrafen.
Mir fehlt das Verständnis für den Himmel und für die Hölle und das Fegefeuer ganz und gar. Den Himmel mir als Ort vorzustellen zu müssen, damit habe ich grundsätzlich ein Problem. Vielleicht als Zustand?
Gut, kann ich mich in diesem Zustand noch wahrnehmen und gibt es dort die Zeit damit noch etwas passieren kann? Wenn es keine Zeit mehr gibt und dann logischerweise nichts mehr passiert und ich mich nicht mehr wahrnehmen kann, bin ich dann nicht doch tot?
Ich glaube, das mit dem Himmel ist ein fatales Missverständnis. Geh hin mit offenen Augen um zu schauen. Siehst du ihn nicht, hier auf Erden? Seitdem ich über den Himmel intensiv grübeln muss, fühl ich mich hier auf Erden himmlisch.
... und das ewige Leben, Amen. - Ich glaube an und hoffe auf ein langes Leben. Ewig? Ich weiß nicht?! Ewig, das ist schon sehr lange! Das könnte, so wie ich mich kenne, mir dann doch zu lange werden. Das quasi ewige Leben im Strom der Generationen ist mir genug. In meinen Kindern und Enkelkindern und in meiner Arbeit lebe ich fort, lange, sehr lange, bis die Bäume, die ich pflanzte umgestürzt sind, das Haus das ich baute, einem neuen gewichen ist, meine Grabstätte aufgelöst wurde, bis niemand mehr über mich spricht, bis sich meine Spur verliert ... das ist lange aber nicht ewig. Überhaupt ewig? Was für ein Anspruch!